Zeit zum Leben – Karriere und Privatleben in Einklang bringen

Leben um zu arbeiten oder arbeiten um zu leben? Die Work Life Balance ist für viele Berufstätige keine einfache Angelegenheit. Wann und wie dieser Ausgleich erreicht wird, ist außerdem von Person zu Person unterschiedlich. Hier muss jeder seine eigenen Schwerpunkte setzen und selbst entscheiden, wie viel er arbeiten möchte und wie viel Zeit er in Familie und Freizeit investiert.

Doch das ist anscheinend leichter gesagt als getan, wie die zunehmenden stressbedingten Erkrankungen wie das Burnout-Syndrom oder auch Tinnitus vermuten lassen. Sie gelten lange nicht mehr als Manager-Erkrankungen, sondern betreffen inzwischen eine breite Palette der Gesellschaft. Vielen fällt es leichter, im Privaten Abstriche zugunsten des Berufes zu machen anstatt umgekehrt. Eine wichtige Rolle dabei spielt auch die Angst, den Job verlieren zu können. Eine kurzfristige Vernachlässigung einer der beiden Seiten kann durchaus zu verkraften sein, wenn dies allerdings dauerhaft der Fall ist, dann folgen meist ernsthaftere Konsequenzen.

Wie und ob es möglich ist, sich dem Dauerstress zu entziehen und die ideale Mischung aus Freizeit und Arbeitszeit zu finden, darüber gibt es ganz unterschiedliche Meinungen. Die Berufsberaterin Frau Glaubitz steht einer Work-Life-Balance kritisch gegenüber. „Wenn ich mich mit meinen Kunden unterhalte, dann mache ich ihnen sehr schnell klar: Du kannst in deinem Leben viel erreichen – aber nicht dann, wenn dir deine Freizeit viel wichtiger ist als deine Karriere.“ Weiter sagt sie, man müsse sich als Arbeitnehmer entscheiden, welcher Teil einem selbst wichtiger ist: Beruf oder Privatleben. “ In der Regel kann man nicht beides schaffen. Wenn man wirklich etwas erreichen will, muss man sich einer Sache verschreiben.“

Ganz anderer Meinung sind der Kölner Microsoft-Niederlassungsleiter Paul Meier und Mirko Kaminiski von der Kommunikationsagentur „achtung!“. Die Firma Microsoft bietet ihren Arbeitnehmern seit vielen Jahren das System der Vertrauensarbeitszeit. „Es gibt keine Regelarbeitszeit, auch keine Kernarbeitszeit. Jeder kommt und geht ohne Kontrolle. Der Frage „Wann ist eigentlich Feierabend?“ würde ich direkt entgegenhalten: Wann fangen wir eigentlich morgens an? Das verschwimmt bei uns. Es gibt Tage, da muss ich um vier Uhr aufstehen, weil mein Flieger um sechs geht. Es gibt Tage, da stehe ich erst um acht auf und gehe um zehn ins Büro. Es gibt Tage, da bleibe ich zu Hause. Und Tage, da gehe ich zum Elternsprechtag meiner Kinder und arbeite gar nicht.“, so Paul Meier. Er führt aber auch an, dass der Erfolg in der Karriere nicht ohne gute Leistungen zu erreichen ist: „Grundsätzlich ist natürlich etwas dran: Wenn man Karriere machen will, muss man davon ausgehen, dass Erfolg und Karriereschritte immer auch etwas mit besonderer Leistung zu tun haben. Das heißt aber nicht – und so habe ich es in meiner Karriere auch nicht erlebt -, dass das außergewöhnliche Engagement mit 14-Stunden-Tagen der Regelfall sein muss. Wichtig ist, dass man für sich selbst klärt: Wann setze ich welche Schwerpunkte?“ Entscheidend sei also das Zeitmanagement. „Mit Flexibilität bei der Arbeitsorganisation – im Unternehmen, aber auch bei den technischen Möglichkeiten – lassen sich viele vermeintliche Widersprüche zwischen Work und Life gut entschärfen.“ Es hilft auch, wenn die Kollegen gegenseitig aufeinander acht geben.

Mirko Kaminski möchte Arbeit und Leben gar nicht voneinander trennen, denn im besten Fall würde beides zusammenfallen. „Ich habe das große Glück, eine Tätigkeit gefunden zu haben, die mich mit enormer Begeisterung und Leidenschaft erfüllt“, sagt er, „Ich trenne die Arbeit nicht vom Leben. Das erfordert natürlich, dass man sich selbst sehr stark diszipliniert. Mein Tipp ist einfach, viele Dinge auszuprobieren, um genau diese Leidenschaft zu entdecken, die einen erfüllen kann.“ Wer also unter seiner Arbeit leidet, hat seiner Meinung nach den falschen Beruf. Er merkt ebenfalls an, dass seiner Meinung nach Leistungen nicht nach Zeit bemessen werden sollten, sondern nach Qualität.

Am Ende sind sich alle einig –  wenn alles gut läuft, gibt es keine Trennung von Arbeit und Leben. “ Im besten Falle hat man dann gar keine Work-Life-Balance, also eine Balance zwischen zwei unterschiedlichen Dingen, sondern alles ist eins. Der Traumberuf ist der, den man nicht als fremd empfindet in seinem Leben.“, so Frau Gaublitz. Wichtig ist nur, sich dabei nicht selbst auszubeuten und gewisse Zeiten einrichten, an denen die Arbeit links liegen bleibt.

Quelle: www.spiegel.de

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