Feedback macht schlau, verbessert die Zusammenarbeit – und kann ganz schön wehtun. Dass Feedback prinzipiell eine gute Sache ist, steht wohl außer Frage. Trotzdem haben viele Arbeitnehmer Angst vor Feedbackgesprächen mit Vorgesetzten. Woran liegt das? Im Interview mit der Sueddeutschen Zeitung erklärt die Marketingleiterin Claudine Petit, was Frauen sich beim Einstecken und Austeilen von männlichen Kollegen abschauen sollten und warum auch Kritik von unten nach oben für alle Beteiligten hilfreich ist.
„Wir geben in Deutschland sehr gerne Feedback, aber wir sind nicht so gut darin, Feedback wertfrei aufzunehmen. Gerade, wenn es um ein Herzblutprojekt geht und der Chef ist nicht hundertprozentig zufrieden, fühlen wir uns persönlich angegriffen und gehen in eine Verteidigungsposition. Das ist grundsätzlich falsch.“ Bei Frauen wäre die Sache mit viel mehr Emotionen verbunden als bei den Männern. „Wir glauben eher, einen persönlichen Fehler gemacht zu haben. Wenn Männern etwas nicht gelingt, beziehen sie es häufiger auf die Umstände. Der Chef ist doof, die Aufgabe hat nicht gestimmt, ich bin nicht richtig eingearbeitet worden. Es fällt ihnen deshalb leichter, sich wieder aufzurappeln. In der Feedbacksituation ist Rechtfertigung aber genauso fehl am Platz wie Emotionsausbrüche.“
Auch wenn diese Reaktionen nachvollziehbar sind, sollte man sie so gut wie es geht vermeiden. „Es ist viel klüger, zuzuhören, statt sich auf die Gegenantwort zu konzentrieren. Wenn man Feedback sacken lässt, darüber nachdenkt und es nicht persönlich wertend sieht, kann man in 99 Prozent der Fälle etwas Positives für sich mitnehmen.“ Empathie sei hier der Schlüssel zum Erfolg, um zu verhindern, dass man sich vom Feedback persönlich getroffen fühlt. „Es hilft, wenn man versucht, sich in den anderen hineinzuversetzen. Wenn man sich selbst zurücknimmt, ist kritisches Feedback nicht mehr schlimm. Dann versteht man vielleicht auch, warum das Gegenüber gerade total austickt. Und wie bei allem im Leben hilft natürlich: üben, üben, üben.“
Übung macht schließlich den Meister. So kann man bei jedem Feedback-Gespräch entspannter den Raum verlassen. Kritik erhält man aber natürlich nicht nur am Arbeitsplatz. „Feedback aus der Familie und von Freunden geht immer unter die Haut. Das ist bestimmt eine gute Übung, aber sie ist auch viel schwieriger. In der Familie schafft man es wahrscheinlich nie, Emotionen ganz rauszuhalten – und das sollte man auch nicht.“
„Nichts gesagt ist Lob genug“, sagt ein Sprichwort. Wäre es nicht Lobheischerei, um Feedback zu bitten? Nein, so Claudine Petit: „Die meisten Leute fragen nicht nach Feedback, weil sie Angst haben, was Schlechtes zu hören. Aber das Wagnis sollte man immer wieder eingehen. Und dann üben, die Emotion wegzulassen und sich auf das Wesentliche zu konzentrieren: Was kann ich mir da jetzt rauspicken, um es das nächste Mal anders zu machen.“
Quelle: http://www.sueddeutsche.de/karriere/