Morgens dem Stau entgehen, in dem immer mehr Pendler stehen. Nachmittags mit den Kindern Schlitten fahren, um das beruflich Unerledigte dann am Abend aufzuholen. Es gibt einige Gründe, warum es Beschäftigten das Leben erleichtert, ab und zu von zu Hause zu arbeiten.
Zuallererst, dass inzwischen meist beide Eltern berufstätig sind. Mehr Zeit für die Kinder, solange sie wach sind, ist da ein starkes Argument. Wegen der alternden Gesellschaft kümmern sich auch mehr Beschäftigte um ihre Eltern. Sich die Arbeit flexibler einzuteilen, vereinfacht die Fürsorge um Kinder wie Eltern. Sich manchen Weg in die Firma zu sparen, hilft dabei. Zumal diese Wege länger werden. Heute pendeln die Deutschen ein Fünftel weiter als zur Jahrtausendwende, jeder Vierte braucht mehr als eine Stunde täglich. Die Jobs liegen zunehmend in boomenden Städten, in denen bezahlbare Wohnungen fehlen.
Wer sich diese Entwicklungen anschaut, wundert sich kaum, dass fast die Hälfte der Beschäftigten gelegentlich von zu Hause tätig werden will. Er fragt sich, warum es nur etwas mehr als jeder Zehnte darf. In Belgien, Schweden oder den Niederlanden liegt der Anteil der Heimarbeiter zwei bis drei Mal so hoch.
Natürlich müssen auch die Interessen der Arbeitgeber berücksichtigt werden. Heimarbeit eignet sich wenig, wenn jemand Häuser mauert, Obst verkauft oder Kranke pflegt. Doch sie eignet sich immer öfter. Die Digitalisierung verändert den Job. Grafiker, Sachbearbeiter oder Softwareentwickler können ihn zunehmend vom Laptop aus erledigen, egal, wo der steht. Forscher rechnen vor: Heimarbeit wäre bei 40 Prozent aller Jobs möglich. Also bei vier Mal so vielen, wie es heute erlaubt wird.
Die Bundesregierung will diese Heimarbeit, modern als Homeoffice bezeichnet, jetzt fördern. Derzeit plant Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD), Unternehmen zu einer Begründung zu verpflichten – wer Beschäftigten Heimarbeit verweigert, soll dies erklären müssen. Das kann etwas bringen, muss aber nicht. Man sieht vor dem geistigen Auge schon die Textbausteine, mit denen Vorgesetzte ihre Beschäftigten künftig abspeisen.
Wenn Unternehmen nicht bald mehr Flexibilität gewähren, braucht es mehr: Ein richtiges Recht auf Heimarbeit – mit Ausnahmen für all die Maurer, Verkäufer und Pfleger. Ein solches Recht hat die Niederlande zu Europas Pionier in Sachen Homeoffice gemacht.
Quelle: www.sueddeutsche.de/karriere/